Frankreich-Recruiting: Wie attraktiv ist Ihr Vergütungspaket für französische Talente?

 
 
 

Frankreich ist ein attraktiver Markt – aber nur, wenn Sie die Spielregeln kennen. Viele deutsche Unternehmen unterschätzen, wie stark sich Gehaltserwartungen, Zusatzleistungen und gesetzliche Rahmenbedingungen von denen in Deutschland unterscheiden. Ein scheinbar attraktives Gehaltspaket kann in Frankreich schnell als unvollständig oder unkonkret wahrgenommen werden – mit direkten Folgen für Ihre Bewerberquote und Ihr Employer Branding.
Ist Ihre Gehaltspolitik wirklich an den französischen Markt angepasst – oder riskieren Sie, Top-Talente zu verlieren?





1. Warum eine angepasste Gehaltspolitik in Frankreich entscheidend ist

Wer in Frankreich erfolgreich rekrutieren möchte, muss mehr bieten als ein gutes Grundgehalt. Frankreich ist ein regulierter, stark strukturiertes Arbeitsmarkt, in dem Transparenz, Zusatzleistungen und gesetzliche Vorgaben eine zentrale Rolle spielen.

" Viele deutsche Unternehmen scheitern bei der Rekrutierung in Frankreich, weil sie ihr deutsches Gehaltsmodell unverändert übernehmen – und damit an den Erwartungen der französischen Bewerber vorbeizielen. "

Adélaïde Sapelier
Recruiter
Eurojob-Consulting

ASapelier


Laut dem jährlichen Baromètre APEC betrachten 84 % der französischen Fachkräfte das Gehalt als entscheidenden Faktor bei der Jobwahl. Doch entscheidend ist nicht nur der Betrag, sondern wie er sich zusammensetzt. In Frankreich sind Tickets Restaurant, Mutuelle (betriebliche Zusatzversicherung), 13. Monatsgehalt und Erstattung von Fahrtkosten weit verbreitete und erwartete Bestandteile eines Vergütungspakets. Fehlen diese Punkte oder werden sie nicht kommuniziert, gilt das Angebot oft als unvollständig oder unattraktiv – selbst wenn das Grundgehalt hoch erscheint.

Zudem ist Frankreich stark von branchenspezifischen Tarifverträgen („Conventions Collectives“) geprägt. Sie legen Mindestgehälter, Prämien, Urlaubstage und Sonderzahlungen fest – und gelten automatisch, wenn das Unternehmen Mitglied im zuständigen Arbeitgeberverband ist oder den Vertrag im Arbeitsvertrag anwendet. Ignorieren Sie diese Vorgaben, riskieren Sie arbeitsrechtliche Konflikte oder Reputationsverlust.

Auch die hohen Sozialabgaben in Frankreich müssen in der Gehaltsstrategie berücksichtigt werden. Laut der OECD betragen die Arbeitgebernebenkosten bis zu 45 % des Bruttogehalts – deutlich mehr als in Deutschland (etwa 20–25 %).

In der Praxis bedeutet das: Ein in Deutschland wettbewerbsfähiges Gehaltspaket ist nicht automatisch attraktiv in Frankreich. Nur wer seine Gehaltspolitik auf lokale Erwartungen, gesetzliche Rahmenbedingungen und kulturelle Standards abstimmt, wird in der Lage sein, französische Talente langfristig zu gewinnen und zu halten.

2. Deutschland vs. Frankreich: Wichtige Unterschiede in der Vergütungsstruktur

Zwischen dem deutschen und dem französischen Vergütungssystem bestehen grundlegende strukturelle Unterschiede, die weit über das reine Gehaltsniveau hinausgehen. Wer in Frankreich rekrutiert, sollte sich mit diesen kulturellen und gesetzlichen Differenzen vertraut machen – andernfalls drohen Kommunikationsfehler, rechtliche Risiken und Ablehnung durch Kandidaten.

Ein zentraler Unterschied: In Deutschland wird meist das Jahresbruttogehalt (inkl. Boni, 13. Monat etc.) kommuniziert. In Frankreich hingegen sprechen Kandidaten und Unternehmen fast ausschließlich in Monatsgehältern („salaire brut mensuel“). Wird in einer Anzeige „65.000 € brut/Jahr“ angegeben, ist das für französische Bewerber oft nicht intuitiv nachvollziehbar. Hier empfiehlt sich eine klare Umrechnung, z. B. „5.417 € brut mensuel (13 Monatsgehälter)“.

Ein weiteres Merkmal des französischen Systems ist die starke Rolle von Zusatzleistungen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo solche „Benefits“ eher als freiwillig gelten, sind sie in Frankreich impliziter Bestandteil der Gesamtvergütung. Beispiele:

  • Tickets Restaurant, steuerbegünstigte Essensgutscheine (meist 50 % vom Arbeitgeber getragen)
  • Mutuelle d’entreprise – eine vom Arbeitgeber mitfinanzierte Zusatzkrankenversicherung, seit 2016 gesetzlich verpflichtend
  • Transportpauschale: Arbeitgeber müssen laut Gesetz mindestens 50 % der ÖPNV-Kosten ihrer Angestellten übernehmen (Service-Public.fr)

Dazu kommen Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt oder auch Gewinnbeteiligungen (Intéressement, Participation), die vor allem in mittleren und großen Unternehmen üblich sind.

Zudem ist die Wochenarbeitszeit gesetzlich geregelt: In Frankreich beträgt sie 35 Stunden, wobei Überstunden klar tariflich geregelt und in der Regel bezahlt oder mit freien Tagen ausgeglichen werden (RTT – Réduction du Temps de Travail). Diese strukturelle Begrenzung der Arbeitszeit beeinflusst auch die Wahrnehmung des Gehalts: Mehrarbeit wird erwartet zu kompensieren, nicht einfach vorausgesetzt.

Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Ein Gehaltsangebot, das nur aus fixem Grundgehalt ohne klare Zusatzleistungen besteht, kann schnell als nicht wettbewerbsfähig oder gar unprofessionell wahrgenommen werden – selbst wenn es über dem französischen Durchschnitt liegt. Eine klare Struktur, nachvollziehbare Kommunikation und Bezug auf französische Standards sind entscheidend, um als seriöser Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

3. Übliche Gehälter in Frankreich nach Branchen
"Um erfolgreich in Frankreich zu rekrutieren, ist es essenziell, die branchenspezifischen Gehaltsniveaus zu kennen – und richtig einzuordnen."

Adélaïde Sapelier
Recruiter
Eurojob-Consulting

ASapelier


Französische Bewerber haben klare Vorstellungen davon, was ein marktkonformes Gehalt ist, und informieren sich über Vergleichswerte auf Plattformen wie APEC, Glassdoor France oder HelloWork.

Laut dem Baromètre APEC 2025, das sich auf Führungskräfte und qualifizierte Fachkräfte konzentriert, sehen die durchschnittlichen Bruttojahresgehälter in Frankreich wie folgt aus:

  • IT-Entwickler in Paris : 42.000–55.000 € brut/Jahr
  • Vertriebsleiter im Einzelhandel : 45.000–60.000 €
  • Bauleiter im BTP (Baugewerbe) : 48.000–62.000 €
  • HR-Manager (außerhalb von Paris) : 40.000–55.000 €
  • Buchhalter in Lyon oder Lille : 30.000–40.000 €

In Île-de-France (Großraum Paris) liegen die Gehälter in fast allen Branchen 15 bis 30 % über dem Landesdurchschnitt, was durch die höheren Lebenshaltungskosten gerechtfertigt wird. In Regionen wie Bretagne, Nouvelle-Aquitaine oder Grand Est sind die Gehälter zwar niedriger, doch auch dort gelten bestimmte Mindeststandards je nach Branche – besonders, wenn Conventions Collectives greifen.

Ein Beispiel: Im französischen IT-Sektor sind Start-ups tendenziell großzügiger bei Boni und Remote-Optionen, während Großunternehmen wie Capgemini oder Orange mit höheren Fixgehältern und umfangreichen Sozialpaketen arbeiten.

Berufseinsteiger mit Masterabschluss (Bac +5) erhalten in vielen Branchen ein Einstiegsgehalt von zwischen 30.000 und 35.000 € brut/Jahr, wie aus Daten der INSEE hervorgeht. Auch wenn diese Zahlen auf den ersten Blick niedrig erscheinen, wird in Frankreich ein großer Teil der Vergütung durch zusätzliche Leistungen kompensiert.

Wichtig für deutsche Unternehmen: Es genügt nicht, ein „gutes“ Gehalt zu zahlen – es muss in der Sprache, Struktur und Erwartung der französischen Kandidaten präsentiert werden, inklusive Monatsangabe, Zusatzleistungen und Sozialschutz. Nur so wirkt ein Angebot wettbewerbsfähig und vertrauenswürdig.

4. Erwartungen französischer Bewerber: Transparenz und Zusatzleistungen

Französische Bewerber erwarten von Unternehmen nicht nur ein gutes Gehalt – sie erwarten Klarheit, Struktur und Sicherheit. Anders als in Deutschland, wo individuelle Gehaltsverhandlungen gängig sind, bevorzugen viele Franzosen eine klare, standardisierte Vergütung, die sich an Tarifverträgen und gesetzlich definierten Zusatzleistungen orientiert.

Laut einer Umfrage von HelloWork aus dem Jahr 2025 wünschen sich über 64 % der Bewerber, dass das Gehalt direkt in der Stellenausschreibung angegeben wird. Angebote ohne Gehaltsangabe werden als unseriös oder intransparent wahrgenommen – und bleiben oft unbeantwortet. Die Plattform Glassdoor France zeigt, dass Unternehmen mit klar kommunizierten Benefits und fairen Gehaltsstrukturen deutlich besser bewertet werden.

Französische Kandidaten achten besonders auf:

  • Essenszuschüsse in Form von Tickets Restaurant, meist im Wert von 8–11 € pro Arbeitstag
  • Die betrieblich mitfinanzierte Zusatzkrankenversicherung („Mutuelle“)
  • Transportkostenzuschüsse – gesetzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, mindestens 50 % der ÖPNV-Kosten zu übernehmen (Service-Public.fr)
  • RTT-Tage (Réduction du Temps de Travail) bei Arbeitszeiten über 35 Wochenstunden
  • Jährliche Boni, 13. Monatsgehalt oder Gewinnbeteiligung („Participation“, „Intéressement“)

Während in Deutschland oft individuelle Boni oder Dienstwagen ein zentrales Verhandlungsinstrument darstellen, erwarten französische Talente kollektiv vereinbarte Vorteile, die im Arbeitsvertrag fixiert sind. Die Vorstellung, dass ein Bonus nur „eventuell“ oder „bei guter Leistung“ gezahlt wird, ohne schriftliche Zusage, führt häufig zu Misstrauen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Karriere- und Gehaltsentwicklung sollten im Vorstellungsgespräch klar erläutert werden. Viele Bewerber möchten wissen, wie und wann eine Gehaltserhöhung möglich ist – sei es über Betriebszugehörigkeit, Tarifverhandlungen oder jährliche Mitarbeitergespräche. Ein Unternehmen, das hier keine Struktur bietet, wird schnell als wenig attraktiv wahrgenommen.

Wer in Frankreich erfolgreich rekrutieren will, muss mehr bieten als Zahlen. Es geht um Vertrauen, Transparenz und das Gefühl, in einem geregelten, wertschätzenden Vergütungssystem zu arbeiten.





5. So passen Sie Ihre Gehaltspolitik erfolgreich an den französischen Markt an

Die Anpassung Ihrer Gehaltspolitik an den französischen Markt ist kein einmaliger Schritt, sondern ein strategischer Prozess, der sowohl Marktwissen als auch interkulturelles Feingefühl erfordert. Unternehmen, die sich bewusst auf die lokalen Gegebenheiten einstellen, haben deutlich bessere Chancen, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden.

Erster Schritt : Marktanalyse. Nutzen Sie lokale Quellen wie den Baromètre APEC, den Salary Guide von Robert Walters oder Hellowork, um realistische Gehaltsbänder nach Region, Branche und Erfahrungsniveau zu definieren. Achten Sie dabei auch auf regionale Unterschiede – ein HR-Manager in Paris verdient im Schnitt 20–25 % mehr als in Lille oder Nantes.

Zweiter Schritt : Gesamtpaket statt nur Fixgehalt. Kommunizieren Sie Ihre Vergütung klar und transparent – nicht nur das Bruttogehalt, sondern auch:

  • Anzahl Monatsgehälter (12, 13, ggf. 14)
  • Beteiligung an der Mutuelle (Pflichtversicherung)
  • Essensgutscheine (Tickets Restaurant) und Mobilitätszuschüsse
  • Boni, Zielvereinbarungen, Urlaubsgeld
  • RTT-Regelungen bei Arbeitszeiten über 35 Wochenstunden

Dritter Schritt : Rechtliche Sicherheit. Arbeiten Sie mit französischen Partnern oder juristischen Beratern zusammen, um lokale Vorschriften korrekt umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit Organisationen wie der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer (AHK Frankreich) oder spezialisierten Kanzleien kann helfen, Fallstricke bei Tarifverträgen, Sozialabgaben oder Vertragsgestaltung zu vermeiden.

Vierter Schritt : Erwartungsmanagement. Erläutern Sie bereits im Vorstellungsgespräch, wie sich das Gehalt entwickeln kann (z. B. automatische Erhöhungen, tarifliche Anpassungen, leistungsbezogene Boni). Nutzen Sie dazu klare Beispiele oder ein Vergütungsraster, um Vertrauen aufzubauen und Transparenz zu schaffen.

Wer sich erfolgreich in Frankreich positionieren möchte, muss das Thema Gehalt aus französischer Perspektive denken. Mit einem strukturierten, marktgerechten und transparenten Vergütungsmodell schaffen Sie nicht nur Vertrauen, sondern sichern sich auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im „War for Talents“ auf dem französischen Markt.

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Olivier

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