So lesen Sie einen französischen CV richtig: Ein Leitfaden für Recruiter
Sie wollen in Frankreich rekrutieren? Dann müssen Sie wissen, wie ein französischer Lebenslauf wirklich gelesen wird.
Französische CVs folgen eigenen Regeln, die sich deutlich von deutschen oder internationalen Standards unterscheiden. Wer diese Codes nicht kennt, riskiert, Top-Kandidaten zu übersehen – oder falsche Profile auszuwählen.
2. Berufserfahrung: Klar, präzise und relevant
3. Bildungsweg: französische Besonderheiten verstehen
4. Kompetenzen und Soft Skills: Was französische Arbeitgeber erwarten
5. Zusätzliche Informationen, die den Unterschied machen
In Frankreich beginnt jeder Lebenslauf mit den Kontaktdaten – und genau hier schleichen sich oft erste Ausschlusskriterien ein. Laut einer Studie von RegionsJob aus dem Jahr 2025 lehnen über 25 % der französischen Recruiter einen CV ab, wenn grundlegende Kontaktangaben fehlen oder unprofessionell wirken. Was bedeutet das konkret?
Ein Bewerber mit einer E-Mail-Adresse wie „supermandu93@hotmail.fr“ verliert sofort an Glaubwürdigkeit. Personalverantwortliche in Frankreich erwarten eine seriöse Adresse im Stil von vorname.name@email.com. Auch die Telefonnummer sollte stets mit der internationalen Vorwahl beginnen (z. B. +33 für Frankreich), besonders bei Bewerbungen im Ausland oder in internationalen Unternehmen wie Dassault Systèmes.
Ein zusätzliches Muss: Ein gepflegtes LinkedIn-Profil, das mit dem CV übereinstimmt. Laut LinkedIn France überprüfen mehr als 70 % der Recruiter das Profil eines Bewerbers vor dem Erstgespräch. Wer in der Tech-Branche arbeitet, sollte außerdem sein GitHub- oder Behance-Profil verlinken.
Besonders bei Bewerbungen für Positionen mit Kundenkontakt (Vertrieb, Marketing, Beratung) zählt der erste Eindruck doppelt. Kleine Details wie eine ortsgebundene Adresse (z. B. „Paris 11e“) signalisieren sofortige Verfügbarkeit und werden von Personalverantwortlichen als Pluspunkt gewertet. In einem hart umkämpften Arbeitsmarkt, in dem laut INSEE fast 8 Millionen Franzosen jährlich den Job wechseln, sind diese Feinheiten oft der entscheidende Unterschied.
In Frankreich ist der Abschnitt „Expériences professionnelles“ das Herzstück des Lebenslaufs. Er entscheidet oft darüber, ob ein Kandidat zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder nicht.
"Französische Recruiter legen großen Wert auf Klarheit, Relevanz und konkrete Resultate."
Adélaïde Sapelier
Recruiter
Eurojob-Consulting

Eine vage Formulierung wie „Verantwortlich für das Marketing“ reicht nicht. Viel wirksamer ist: „Leitung einer digitalen Kampagne mit über 150 000 erreichten Personen und +25 % Conversion-Rate in drei Monaten“.
Laut einer Umfrage von Apec (Association pour l’emploi des cadres) aus 2024 achten über 84 % der französischen Recruiter besonders auf den Zusammenhang zwischen vorheriger Berufserfahrung und der ausgeschriebenen Position. Wer sich auf eine Stelle im Projektmanagement bewirbt, sollte konkret beschreiben, wie viele Projekte er geleitet hat, welche Budgets er verwaltet hat und welche Tools zum Einsatz kamen (z. B. Trello, Asana, Microsoft Project).
Ein weiteres wichtiges Detail: In Frankreich unterscheidet man explizit zwischen Vertragsarten. Recruiter wollen wissen, ob ein Kandidat im CDI (unbefristeter Vertrag), CDD (befristeter Vertrag), Stage (Praktikum) oder Alternance (duales Studium) tätig war. Ein Beispiel:
09/2021 – 06/2025
Chef de projet digital – Publicis Groupe – Paris, CDI
Leitung von 3 parallelen Projekten für Großkunden, Team von 5 Personen, Budget von 500 000 €.
Solche präzisen Angaben erleichtern das Matching enorm – gerade in Frankreich, wo laut France Travail im Jahr 2024 über 2,7 Millionen offene Stellen gemeldet wurden. Ein strukturierter und faktenbasierter CV ist der Schlüssel, um unter Hunderten Bewerbern aufzufallen.
In Frankreich wird der Bildungsweg unter der Rubrik „Formation“ aufgeführt – und dieser Abschnitt hat ein sehr hohes Gewicht, insbesondere bei jungen Absolvent:innen oder Bewerbungen auf Führungspositionen. Ein Lebenslauf, der keine klare Angabe zum höchsten erreichten Abschluss („Dernier diplôme obtenu“) enthält, wird oft sofort aussortiert. Laut einer Studie von L’Étudiant achten 91 % der französischen Recruiter auf den akademischen Werdegang, bevor sie andere Kriterien prüfen.
Was französische CVs besonders macht: Die Nennung der Schulform, des Abschlusses und der Institution ist obligatorisch, idealerweise mit Abschlussnote (falls positiv) und Jahrgang. Beispiel:
2023 – 2024
Master Marketing & Communication – NEOMA Business School – Reims
Abschlussnote: 15/20 – Schwerpunkt: Digitale Strategien
In Frankreich existieren einige einzigartige Ausbildungspfade, wie die „Grandes Écoles“ (HEC Paris, ESSEC, CentraleSupélec). Diese Hochschulen gelten als Eliteinstitutionen und haben ein hohes Prestige bei Arbeitgebern. Ein Absolvent einer Grande École verdient im Durchschnitt 40 000 bis 50 000 € jährlich zum Berufseinstieg, laut einer Studie von L’Etudiant.
Ein weiteres Element, das oft übersehen wird: Erasmus- oder internationale Programme, z. B. ein Auslandssemester an der Universität Mannheim oder ein Doppeldiplom mit der Technischen Universität München. In einem zunehmend globalisierten Arbeitsumfeld sind solche Erfahrungen ein echtes Plus – insbesondere für französische Unternehmen, die international tätig sind (z. B. TotalEnergies oder Schneider Electric).
In französischen Lebensläufen ist die Rubrik „Compétences“ mehr als nur ein Bonus – sie ist ein zentrales Kriterium für die Auswahl. Laut einer Analyse von Monster France geben 67 % der französischen Recruiter an, dass unklare oder fehlende Angaben zu Kompetenzen ein Ausschlusskriterium darstellen. Dabei wird besonders zwischen technischen Fähigkeiten (Hard Skills) und zwischenmenschlichen Fähigkeiten (Soft Skills) unterschieden.
Ein guter französischer CV listet klar:
- Sprachkenntnisse nach dem europäischen Referenzrahmen (z. B. „Anglais – C1, Allemand – B2“)
- Software- und Tool-Kenntnisse (z. B. Salesforce, SAP, AutoCAD, Python, Canva)
- Methodische Kompetenzen wie Projektmanagement, Scrum, Design Thinking
Beispiel:
Compétences :
Langues : Français (langue maternelle), Anglais (C1), Allemand (B2)
Outils : Excel (avancé), Google Analytics, HubSpot
Méthodes : Gestion de projet agile, Conception UX
Was Soft Skills betrifft, erwarten französische Recruiter Beweise, nicht Behauptungen. Statt „teamfähig“, sollte man schreiben: „Erfolgreiche Leitung eines cross-funktionalen Teams mit 10 Personen während einer CRM-Migration“. Besonders geschätzt werden Soft Skills wie Autonomie, Rigueur (Zuverlässigkeit), Esprit d’initiative, Curiosité professionnelle – Eigenschaften, die laut einer Umfrage von Cadremploi bei über 78 % der Personalverantwortlichen als „très importantes“ gelten.
In Frankreich, wo viele Bewerbungen über digitale Plattformen wie Welcome to the Jungle laufen, hilft eine präzise Kompetenzrubrik auch dabei, durch automatisierte Filtersysteme (ATS) nicht aussortiert zu werden. Deshalb: Jede Kompetenz muss stichhaltig, konkret und jobrelevant sein.
In Frankreich gibt es eine Rubrik, die auf den ersten Blick unwichtig scheint – und doch oft den entscheidenden Unterschied macht: „Centres d’intérêt“, also Interessen, Engagements oder persönliche Projekte. 74 % der französischen Personalverantwortlichen geben laut Cadremploi an, dass sie bei Gleichstand zwischen zwei Bewerbern die Auswahl auf Basis dieser Rubrik treffen.
Worauf kommt es an? Relevanz und Persönlichkeit. Ein Satz wie „Reisen, Musik, Kino“ wirkt beliebig. Viel stärker ist:
Centres d’intérêt :
Membre actif de Les Restos du Cœur – Organisation von Lebensmittelausgaben für 150 Familien/Woche
Teilnahme am Halbmarathon de Paris 2024 – Ziel: persönliche Weiterentwicklung und Disziplin
Improvisationstheater seit 2024 – Förderung von Kreativität und Reaktionsschnelligkeit
Solche Angaben zeigen soziales Engagement, Zielstrebigkeit oder Teamfähigkeit – Werte, die in französischen Unternehmen wie Danone oder Decathlon stark gewichtet werden. Auch Erfahrungen wie ein Work & Travel-Aufenthalt, ein selbst initiiertes Side Project (Blog, App, Podcast) oder ein Vereinseintritt zählen.
Zudem ist diese Rubrik eine Gelegenheit, interkulturelle Kompetenzen hervorzuheben, besonders wenn man sich für eine Stelle bei einem internationalen Arbeitgeber wie Airbus oder BNP Paribas bewirbt. Ein Auslandsaufenthalt in Deutschland oder die Mitgliedschaft in einem deutsch-französischen Verein (z. B. OFAJ/DFJW) sendet ein starkes Signal: Offenheit, Anpassungsfähigkeit, Interesse an anderen Kulturen.
Fazit: Die Rubrik „Centres d’intérêt“ ist in Frankreich kein Lückenfüller, sondern eine echte strategische Komponente des CVs.
Mehr dazu:
- Deutscher Lebenslauf und französischer CV: die Unterschiede
- Lebenslauf in Frankreich: Wie viele Seiten sind erlaubt?
- Worauf Personaler in Frankreich im Lebenslauf am meisten achten

Jérôme Lecot